Inseparable Enemies - Unzertrennliche Feinde - Kapitel 1

„Die größten menschlichen Errungenschaften sind durch Kommunikation zustande gekommen – die schlimmsten Fehler, weil nicht miteinander geredet wurde.“

-Stephen Hawking



Hansen ließ den Lauf gen Boden sinken, sicherte die Waffe mit der Betätigung des kleinen Hebels am Schlitten und beschleunigte seinen Schritt. In einer fließenden Bewegung glitt der Klon hinter das, was von der alten Wand noch vorhanden war und presste sich gegen das vom Verfall gezeichnete Stück Mauerwerk. Der leichte Luftzug, der ihm über die Haut strich, brachte angenehme Abkühlung mit sich – die hiesigen Temperaturen waren in den vergangenen Wochen auf ein tagsüber schweißtreibendes Niveau angestiegen. Er spähte aus der Deckung hervor, um sich einen besseren Überblick der Umgebung zu verschaffen. Das Abbild der Gegend, welche sich regelrecht in Hansens künstliche Netzhaut einbrannte, vermischte sich mit seinen anderen Sinneseindrücken zu einer Melange, die sich nur mit dem Wort ‚atemberaubend‘ umschreiben ließ. Die frühsommerliche Luft trug die Düfte der zum vollen Leben erwachten Natur zu ihm und das Konzert der Vögel, die sich in den hiesigen Ruinen eine Bleibe eingerichtet hatten, erfüllte den ansonsten toten Ort. Er spähte in Richtung seines Ziels – noch hatte die humanoide Schneeleopardin ihn nicht bemerkt.

Er entschloss sich dazu, das Risiko des Entdecktwerdens in Kauf zu nehmen, und einen kurzen Blick durch die Gegend schweifen zu lassen. Auch dieser Teil der antiken Stadt war vom selben, allgegenwärtigen Zerfall gezeichnet, an welchen er sich aufgrund seines mehrwöchigen Aufenthalts bereits gewöhnt hatte. Moose und Gräser überwucherten die Reste des Ortes, der von den ehemaligen Bewohnern wohl schon vor einer halben Ewigkeit aufgegeben worden war. In den engen Gassen und verwinkelten Straßen, in denen sich einst kleine Häuschen mit Vorgärten aneinanderreihten, waren nun in erster Linie Rehe und Hasen zuhause. Selbst einige wilde Schweine, welche den feuchten Boden nach fressbarem durchpflügten, hatte er im Frühjahr bereits zu Gesicht gekommen. Für den Bruchteil einer Sekunde wunderte Hansen sich, wer hier wohl einmal gelebt haben mochte und was mit denjenigen geschehen war. Mit Ausnahme der Ruinen selbst, fanden sich auf die ehemaligen Bewohner keinerlei Hinweise mehr.

Der Klon betätigte den Druckschalter am Griffstück seiner Handfeuerwaffe und ließ das Magazin daraus hervorschnellen. Ein kurzer Blick darauf verriet ihm, dass sich darin noch sieben der großkalibrigen Projektile befanden. Hansen zog den Schlitten ein Stück zurück und erblickte die Kampfladung, die im Patronenlager steckte. Wenn er die beiden Ersatzmagazine im Rucksack hinzurechnete, blieben ihm 21 Schuss, um den gegnerischen Piloten auszuschalten. Das letzte Geschoss würde er sich aufsparen, um seinem eigenen jämmerlichen Dasein endlich ein Ende setzen zu können.

Er ließ sich, an die alte Mauer inmitten der Ruinen gelehnt, auf den Boden sinken, die Stirn gegen den kalten Stahl der Schusswaffe gepresst und seufzte. Selbst in seiner aktuellen Situation würde das Imperativmodul ihm die Option nehmen, hier und jetzt ‚auszusteigen‘ und die andere ihrem Schicksal zu überlassen. Mit einer einzigen Bewegung, dem Krümmen eines Fingers, hätte er die Sache beenden können und niemand sonst müsste zu Schaden kommen. Doch die Loyalitätsversicherung in seinem Schädel würde dies unter keinen Umständen zuzulassen. Das Implantat lechzte nach Blut: Unaufhaltsam würde es ihn auf jene finale Konfrontation zutreiben. Solange die gegnerische Pilotin unter den Lebenden weilte, befand sich das Reich des Vergessens außerhalb seines Zugriffes.

Hansens Gedanken wanderten. Seine gesamte Existenz war von vornherein ausschließlich darauf ausgerichtet worden zu töten und zu vernichten. Das Leben anderer zu beenden. Nicht, dass ihm hierbei eine Wahl blieb. Die TSA, die Terranische Systemallianz, hatte eine regelrechte Unsumme in die Überarbeitung des Soldatenprogramms investiert, welches selbst bereits seit dem 3. Weltkrieg bestand. Das Klonprogramm sollte allgemein verbessert werden. In erster Linie jedoch, galt es Maßnahmen zu ergreifen, die verhinderten, dass sich ein Aufstand der Soldaten, wie der, der den dritten großen Krieg beendet hatte, wiederholen konnte.

Das Resultat dieser Forschungen, war der Imperativ. Ein fieses kleines Gerät, dessen Namen Programm war.

Der Klon wunderte sich, ob sein Dasein anders verlaufen wäre, hätte er als echter Mensch das Licht der Welt erblickt – nicht als befruchtete Eizelle in einer Petrischale. Der Stromstoß, den ihm das Imperativmodul durch die Synapsen feuerte, riss den Klon aus den Gedanken. Er wünschte sich, dass das kleine Dreckding den Geist aufgeben würde. Ohne das Implantat könnte er diesem unsinnigen Konflikt schlicht und ergreifend den Rücken kehren. Es musste hier doch sicher einen netten, unauffälligen Flecken geben. Hauptsache, so weit von diesem sinnlosen Krieg weg, wie es nur möglich war.

Der Imperativ ergriff erneute Maßnahmen, um selbst diese minimale gedankliche Insubordination abzustrafen: Das linke Augenlid des letzten verbleibenden Klons des Typs 31 begann unkontrollierbar zu zucken. Der rasende Schmerz im Schädel setzte nur Sekundenbruchteile später ein und Hansen bemerkte den kupfernen Geschmack im Mund. Der Stromschlag hatte ein Blutgefäß zum zerbersten gebracht. 31 verdrängte grunzend die aufkeimenden Erinnerungen an die „fehlerhaften“ Modelle. Jene seiner Brüder und Schwestern, die sich weigerten zu töten oder Befehle auszuführen, die sie nicht ertrugen und an das, was der Imperativ ultimativ mit ihnen anrichtete.

Er huschte aus der Deckung und lief auf die gegnerische Pilotin zu. Sie hatte ihn offensichtlich immer noch nicht bemerkt. Dieser Teil der alten Stadt war im Vergleich mit einigen der anderen Vierteln, durch welche er sie gejagt hatte, besonders schwer beschädigt worden. Hier war kein einziges Haus mehr intakt. Allerdings war es exakt jener Aspekt, der ihm momentan einen Vorteil verschaffte: Das weiß-schwarz gefleckte Fell der Leopardin, welches sich deutlich gegen die geschwärzten Ruinen abzeichnete, erkannte er bereits aus einiger Entfernung. Sie hatte sich in einem halb eingestürzten Haus einquartiert und war gerade damit beschäftigt ein Feuer zu entfachen. Hansen vermutete, dass ihre Optionen weitestgehend ausgeschöpft sein dürften. Der Hunger, den sie verspürte, musste überwältigend sein. Kein Wunder - er jagte sie seit fast zwei Monaten durch die Ruinen der alten Stadt und Ruhe, gönnte er ihr definitiv nicht. Der kurze Eindruck einer Emotion durchzuckte sein Hirn. Er kämpfte das aufkeimende Gefühl mit aller Macht nieder. Der Imperativ durfte unter keinen Umständen mitbekommen, dass er etwas wie ‚Bedauern‘ gegenüber seinen Opfern verspürte. Hansen gab sein Bestes, um das Implantat abzulenken – er rechnete. Dreisatz. Wahrscheinlichkeitsrechnung. Differentialgleichungen. Überlichttriagulation. Erneut brach eine Welle an Emotionen über den Klon herein. Diese Wesen versuchten zumindest, etwas an ihrer Situation zu verändern – zum Missmut ihrer Erschaffer. Der freie Teil seiner Persönlichkeit brachte den Sklaven durchaus Bewunderung, wenigstens jedoch aufrichtigen Respekt entgegen. Er hegte die Vermutung, dass dem so war, da seiner eigenen Art diese Möglichkeit der Rebellion verwehrt blieb.

Sie wurden von klein auf konditioniert, während das Gerät in ihren Köpfen dafür sorgte, dass sie genau das taten, was man ihnen befahl. Zumindest in der Theorie sollte das Implantat die Klone zu den perfekten Killern machen. Praktisch sah die Angelegenheit anders aus: Hundertprozentig fehlerfrei arbeitete das Modul glücklicherweise nicht. Es gab Möglichkeiten, sich der Überwachung durch den Imperativ zu entziehen, den Weg des kleinen Widerstandes so zu sagen, wenngleich es ungemein kompliziert war, dem Implantat seine wahren Gedanken vorzuenthalten. Hansen begann im Geiste zu singen. Der Strafe danach zu entrinnen, war allerdings absolut unmöglich. Ein erneuter Stromstoß erinnerte ihn daran, dass der Imperativ Eric Bogles ‚Green Fields of France‘ offensichtlich überhaupt nicht mochte.

Hansen hatte den Entschluss gefasst, es dieses Mal zu beenden. Sein finaler Plan stand und er würde ihn mit aller Konsequenz zu Ende führen. Immer noch in Bewegung brachte 31 die Pistole in Anschlag, richtete Kimme und Korn auf die Gestalt vor sich in einer Linie aus und stieß die verbleibende Luft, die sich in seiner Lunge befand, aus. Zwei Betätigungen des Abzuges später, jagten zwei Geschosse mit annähernder Schallgeschwindigkeit in Richtung der Kreatur.

Das erste Projektil verfehlte sein Ziel knapp und ließ einen Stein im Mauerwerk hinter dem Wesen zerbersten. Das zweite bohrte sich mit einem feuchten Geräusch in den Oberschenkel der deutlich über 1,9 Meter großen, aufrecht gehenden Katzengestalt. Diese verlor das Gleichgewicht und taumelte rücklings gegen eine Wand, an der sie stöhnend zusammensackte und liegen blieb. Der Klon verlangsamte seinen Schritt, die Waffe nach wie vor auf sein Ziel gerichtet.

Einen knappen Meter vor dem am Boden kauernden Wesen, blickte Nummer 31 in große, kristall–blaue Augen, die ihn mit vor Überraschung weit offenstehendem Mund entgeistert anstarrten.

„Verflucht, bitte schau mich nicht so an. Bald ist es ausgestanden“, schoss es ihm durch den Kopf. Hansen bemerkte die schemenhafte, geschmeidige Bewegung einer ihrer Hände. Nur einen Augenblick später stürzte ein heißer Schlag gegen seine Stirn ihn in ein grell-gleißendes Nichts.

„Endlich Ruhe“, war der Gedanken, der ihn in die Dunkelheit führte.


Willow verzog das Gesicht, rümpfte die Nase und nieste. Ein Grinsen erhellte die Gesichtszüge der Schneeleopardin. Der Ironie, dass ausgerechnet sie allergisch auf Weidenpollen reagierte, konnte sie sich nicht erwehren. Der strömende Regen, der sie seit dem Frühjahr quälte, hatte zu ihrer Freude vor einigen Wochen nachgelassen. Nun waren es die im Frühsommer überall blühenden und sprießenden Pflanzen und Bäume, die ihr zusetzten. Von der Atmosphäre, die von diesem Ort ausging, ganz zu schweigen. Wer auch immer hier ursprünglich gelebt haben mochte, er war seit Ewigkeiten verschwunden und das, was noch von den ehemaligen Bewohnern übrig war, erinnerte an eine der alten Geisterstädte. Sie konnte es nicht erklären, jedoch kam es ihr vor, als ob man sie beobachten würde - was im Grunde aber absolut unmöglich war. Von dem Terraner einmal abgesehen, der sich nach ihrer Bruchlandung einen Spaß daraus machte, ihr das Leben hier unten zur Hölle zu machen, gab es hier nur Tiere. Sie ergriff einen weiteren der verstreuten Backsteine. Seit ihrem Absturz war sie nur auf ein einziges anderes intelligentes Lebewesen getroffen und dieses hatte, wie es aussah, nichts Besseres im Sinn, als sie kreuz und quer durch die Ruinen der Stadt zu jagen. Jedes Mal, wenn sie dachte, sie hätte ihn endlich abgeschüttelt und würde etwas zur Ruhe kommen, tauchte der Bursche wie aus dem Nichts wieder auf und das Spielchen aus Flucht und Verstecken begann erneut.

Der Blick in ihren Rucksack verriet ihr, dass sie ihre wenige Munition fast vollständig aufgebraucht hatte. Sie fand ein letztes, halbvolles Magazin. Nicht, dass mehr davon einen Unterschied bedeutet hätte: Sie war sich der Vorteile, über welche der gen- und nanotechnisch aufgewertete Soldat ihr gegenüber verfügte, durchaus bewusst. Ihre einzige Stärke war ihr Geruchssinn, der dem des Menschen haushoch überlegen war. Was Körperkraft und Ausdauer anging, war sie ihm nicht gewachsen. Warum zum Teufel ließ der Bursche sie nicht einfach in Ruhe? Sie würde ihm sicherlich nichts antun, im Grunde verspürte sie keinerlei Animositäten gegenüber Terranern.

Scheiße, nein! Wenn dieser Hüne nicht seit zwei Monaten versuchen würde, sie zu töten, stünden die Chancen nach allem gar nicht schlecht, dass sie von sich aus zu ihm ginge. Schon seitdem ihre Maschine hier herunter gekommen war, schlug ihr die Aura dieses von uralten Ruinen durchzogenen Ortes auf den Magen. Ehrlich gesagt, nach all der Zeit auf sich selbst gestellt, sehnte sie sich nach Gesellschaft. Jemanden, mit dem sie sich unterhalten könnte. Oder einmal wieder lachen – das war etwas, das sie seit langem nicht mehr getan hatte. Auch wenn die Menschen sie dafür hielten, sie waren keine Tiere.

Nach acht einsamen Wochen, würde sie Gesellschaft aufrichtig bevorzugen, allerdings nicht auf Kosten ihres eigenen Lebens. Willow gestand sich ein, dass sie die Terraner nicht begriff. Weshalb verfolgte dieser Riese sie selbst in ihrer momentanen Situation derart hartnäckig?


Willows Gedanken wanderten zu ihren Schöpfern. Seit beinahe 20 Jahren schwelte der Konflikt zwischen ihren Leuten und den Terranern. Und weswegen?

Niemand vermochte heute noch mit Sicherheit zu sagen, warum ihre „Spezies“ vor etwas über zwei Jahrhunderten ursprünglich erschaffen wurde. Nur eines war klar: Die Menschen entschlossen sich dazu, ihnen schon sehr früh die wahre, widerwärtige Fratze des Homo Sapiens zu zeigen: Die anthropomorphen Wesen waren mitnichten die gleichberechtigten Partner, welche sie für die Menschheit hätten sein können, sondern schlicht und ergreifend billige Arbeitskräfte, derer man sich kosteneffektiv entledigen konnte, sobald man ihrer überdrüssig wurde.

So kam es, wie es musste: Es verging kein Jahrhundert, bis sich die Diener gegen ihre Herren auflehnten. Sie und ihre Artgenossen waren sich durchaus bewusst, was sie leisteten und wo die Menschheit ohne ihre Dienste stehen würde. Willow grinste zynisch in sich hinein „Cogito ergo sum“, eben.


Das halblaute Gurgeln, welches aus der Gegend ihrer Magengrube zu ihr heraufdrang, riss Willow aus ihren Gedanken. Der Hunger nagte immer weiter an ihrer Konzentration, langsam waren ihre Optionen ausgeschöpft. Sie musste zusehen, dass sie die Feuerstelle fertig bekam und etwas aß. Das einzige Positive an ihrer augenblicklichen Situation war, dass sie ihren Verfolger seit einigen Tagen nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Vielleicht hatte er endlich von ihr abgelassen. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, grunzte sie in sich hinein.

Willow legte den verbleibenden Backstein zu den anderen, die in einem Ring vor ihr lagen. Sie entzündete etwas Holz darin und kramte eine ihrer letzten Konservendose mit Fleisch aus dem ausgefransten Rucksack, öffnete sie und begann damit sie zu erwärmen.

Das Gebäude, in welchem sie Unterschlupf gesucht hatte, war schon Ewigkeiten zuvor schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Von den vier sie umgebenden Wänden fehlte zumindest an einer Seite der Großteil. Willow blickte hinaus in die Weite der sich sanft erstreckenden Landschaft außerhalb der Stadt, wo die Natur während der letzten Wochen lautstark zum Leben erwacht war. Ihr Blick fiel auf ein Reh, das in wenigen hundert Metern Entfernung friedlich an einigen Kräutern zupfte. Sie seufzte. Was der Terraner wohl im Augenblick machte? Ob ihm der Magen genau so knurrte wie ihr?

Willow hatte gerade die Position der Dose am Rand der Flammen geändert, um den Inhalt gleichmäßig zu erwärmen, als sie etwas am Bein ihrer Hose registrierte. Auf den ohrenbetäubenden Knall, den sie im selben Augenblick hörte, war unmittelbar ein weiterer gefolgt. Abgesprengtes Mauerwerk wurde an ihre linke Kniekehle geschleudert und ein heißer, stechender Schlag gegen ihren Oberschenkel brachte sie aus dem Gleichgewicht. Sie taumelte nach hinten an die Mauer, wo ihr Bein letztlich nachgab und sie zu Boden ging.

Scheiße!, fuhr es ihr durch den Kopf. Sie öffnete die Augen und spürte, wie ihr die Kinnlade entgleiste. Der Terraner hatte sie kalt erwischt. Dank der Pollen, die sich überall in der Luft befanden, hatte sie ihn noch nicht einmal gerochen, was bei jedem ihrer vorigen Aufeinandertreffen der Fall gewesen war. In den wenigen verstrichenen Augenblicken, seit sie die Schüsse gehört hatte, war er auf einen Meter an sie herangekommen und die Leopardin blickte in den Lauf einer Waffe, die auf ihre Stirn gerichtet wurde. Willow erkannte den schwarzen Strudel der Züge und glaubte für den Bruchteil einer Sekunde, durch den Lauf hindurch das Projektil zu sehen, das ihre Existenz in nur einem Augenblick beenden würde.

Zwar war dies nicht die erste Gelegenheit, bei welcher sie und ihr Verfolger sich gefährlich nahe kamen, jedoch hatte sie dem Soldaten zuvor nie von Angesicht zu Angesicht gegenüber gestanden. Willow war mit ihren knappen zwei Metern bereits recht groß, doch der Mensch überragte sie um mehr als eine Handbreite. Seine bläulich-graue Uniform war nach wie vor mit dem Blut des Bären besudelt. Die Brust des Mannes hob und senkte sich in rhythmischen Intervallen und sie bemerkte, wie sich die feinen Linien der Implantate in seinen Augen zusammenzogen und die Pupillen eng stellten - er nahm Ziel.

Die Zeit schien wie festgefroren, zögerte der Soldat hier wirklich? Oder hatte der Schock ihre Sinne geschärft und sie war es, die alles nur noch in Zeitlupe wahrnahm? Egal, sie würde handeln. Mit einer schnellen, geschmeidigen Bewegung ergriff Willow Ohne-Namen die Handfeuerwaffe an ihrer Hüfte und feuerte einen Schuss ins Blaue direkt nach vorne. Die Schneeleopardin spürte, wie ihr warmes Blut ins Gesicht spritzte und sah, wie der Mensch nach hinten überkippte. „Sklave tötet Soldaten, das ist jetzt neu“ war ihr letzter wacher Gedanke, bevor sie der Blutverlust in die Besinnungslosigkeit zog.